Raumzweit
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Aus der Eröffnungsrede zu RAUMZWEIT von Dr. Werner Kraus in der St. Anna Kapelle, Kunstverein Passau, 2015:


Das Rätsel das mir Alice Dittmar aufgibt ist das Ornament. Das Ornament, das sie als ein Konzept der Ordnung und der Linearität versteht – als Zeit-Ordner aber auch als Raum-Ordner. Sie, meine Damen und Herren, werden es bestimmt beim Betrachten der vorliegenden Arbeiten merken, wie gerne eine tiefere Schicht in uns am Ornament andocken möchte: andocken an der Sicherheit die die Ordnung verspricht. Andocken an der linearen Fortschreibung unseres gegenwärtigen Zustands. Ornament als Ende der Geschichte. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite löst das Ornament, diese unendliche, sich gleichförmig wiederholende Struktur, Zeit und Raum auf und lässt ein Vakuum erscheinen, das wir entweder als Horror, oder als Handlungsraum begreifen können.


Unser gesellschaftliches Ornament wird gegen wärtig von Menschen zerstört, die zu Tausenden kommen und einfach da sind und die hundert gute Gründe haben, weshalb sie unter uns sein müssen. Was passieren kann, wenn die vorübergehende Auflösung des Ornaments als Störung der Ordnung verstanden wird, ist u.a. in Dresden zu besichtigen. Und die andere Möglichkeit, nämlich den Handlungsraum den die neue Situation eröffnet, können sie tagtäglich am Bahnhof in Passau miterleben. Verstehen sie bitte diese Abweichung, die eigentlich keine ist, nicht als wohlfeile Idee eines satten Ausstellungseröffnungsredners. Die Sache mit den heimatlosen Menschen durchdringt heute alles, auch die Mauern dieser säkularisierten Kirche.


In einem chinesischen Katalog wird Alice Dittmar wie folgt zitiert: 'Meine grundlegenden Konzepte sind Ornament, Landschaft und Materialität und die Beziehungen und Verbindungen die zwischen diesen drei Themen im transkulturellen Kontext aufscheinen.' (…)


Ich sagte eben, dass für mich das Rätsel der Alice das Ornament sei. Man muss aber sofort noch Materialität oder wie man international  sagen würde 'texturality' als zweites Bein des Rätsels hinzufügen und, weil wir schon beim Beine machen sind, soll auch noch ein drittes genannt werden – die Interkulturalität. (…)


Alice Dittmar hat von 1999 bis 2006 an der Akademie der bildenden Künste in München studiert und war Meisterschülerin bei Professor Nikolaus Lang. Nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums, ging sie 2008 und 2009 in ein artist-inresidency Programm nach Peking, eine Entscheidung, die große Wirkung auf ihre Kunst haben sollte. Wenn sie sich allein in diesem Raum umschauen, dann sehen sie, dass ihre hier ausgestellten größeren Arbeiten starke asiatische Bezüge herstellen – sei es der Stellschirm oder sei es die Zeichnung/Installation in der Mitte. 


Und wenn ich am Anfang von Leichtigkeit und Schweben sprach, dann war es dieses gefühlte Grundverständnis der chinesischen Kunst, das sich in Alice Dittmars Arbeit ausdrückt. Und weil man immer das findet was man selbst im Inneren trägt, fiel ihr in Peking auch ein spezifischer chinesischer Umgang mit ihrem ureigensten Thema, dem Ornament, auf, der, so nehme ich an, ihr Interesse an transkulturellen Fragestellungen vertiefte. Später lebte Alice noch für einige Zeit in Westaustralien, wo sie von ihrem dritten großen Thema, Landschaft, umzingelt war. 

Alice Dittmar nomadisches Leben zwischen drei Kontinenten konzeptionalisierte sich in ihrer Kunst als Interkulturalität. (…)


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